Ultraschall in der Schwangerschaft
Experten weisen Kritik zurück
„Ultraschall in der Schwangerschaft ist nicht gefährlich“
BERLIN. Die neue Strahlenschutzverordnung ist zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Darin geht es auch um den Einsatz von Ultraschall bei Schwangeren: Er ist demnach ab Ende 2020 in nicht-medizinischen Kontexten – wie beim sogenannten „Baby-TV“ – untersagt, erinnert die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM).
Die von Ärzten durchgeführte Sonografie zu diagnostischen Zwecken sei klar vom „Baby-Watching“ abzugrenzen, das sich auf dem freien Gesundheitsmarkt verbreitet habe, betont die DEGUM in einer Mitteilung.
Da die Methode – der 3D-Ultraschall – aber die gleiche ist, seien Ultraschalluntersuchungen bei Schwangeren generell in die Kritik geraten.
Die DEGUM weist diese zurück: Es gebe keinerlei Erkenntnisse, die einen ultraschallbedingten, medizinischen Schaden am Fötus nachweisen.
„Trotz jahrzehntelanger intensivster Forschungsarbeit gibt es nach wie vor keine Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft irgendeine Gesundheitsbelastung für das ungeborene Kind darstellen“, wird Privatdozent Dr. Kai-Sven Heling, Vizepräsident der DEGUM, zitiert.
In der Regel unbedenklich
Aktuelle Studien hätten ergeben, dass eine theoretische, ultraschallbedingte Temperaturerhöhung im Körper der Schwangeren – die als potenzielle Gefährdung angesehen werden könnte – deutlich unter dem Temperaturanstieg liege, der durch Fieber oder starke körperliche Aktivität ausgelöst wird. Demzufolge sei der Einsatz des 3D-Ultraschalls im Rahmen der Schwangerenvorsorge in der Regel unbedenklich.
Lediglich wenn der PW-Dopplerultraschall eingesetzt wird, – was nur sehr selten vorkommt und etwa bei der Ursachenforschung von bekannten Wachstumsstörungen der Fall ist – könnte es bei langandauernder Anwendung zu einem Temperaturanstieg im Körper der Mutter kommen, teilt die DEGUM mit.
„Der PW-Ultraschall wäre jedoch nur dann potenziell gesundheitsschädigend für den Fötus, wenn er kontinuierlich für mehrere Minuten eingesetzt würde“, so der DEGUM-Experte.
Da dieser spezielle Modus zur Blutstrommessung jedoch üblicherweise nur für ein paar Sekunden angewendet und dem Untersucher die zu erwartende Temperaturerhöhung kontinuierlich angezeigt werde, sei auch dieses potenzielle Risiko von der Hand zu weisen.
Nur sehr selten werde bei Durchführung dieser Doppleruntersuchungen der Fetus überhaupt von den abgesandten Schallsignalen erfasst. „In den meisten Fällen werden nur Gefäße untersucht, die außerhalb des Feten liegen – wie die mütterlichen Gebärmutterarterien oder die Blutgefäße der Nabelschnur“, wird Professor Peter Kozlowski, Mitglied im Engeren Vorstand der DEGUM, in der Mitteilung der Gesellschagft zitiert.
Lediglich bei sehr speziellen Fragestellungen würden direkt fetale Gefäße untersucht, zum Beispiel in der Leber oder den Lungen. Und nur in sehr wenigen Ausnahmefällen – bei klarer Indikationsstellung – würde das fetale Gehirn untersucht. Auch hier würden die erwähnten Grundsätze zur zeitlichen Dauer der Untersuchung jedoch berücksichtigt.
Keine Schäden am fetalen Schädel
Und selbst wenn bei Ultraschalluntersuchungen der fetale Schädel erfasst wird, entsteht laut aktuellen Erkenntnissen auch dadurch kein Schaden, wie die DEGUM berichtet.
„Der von einigen Forschern in den USA gemutmaßte Zusammenhang zwischen dem Einsatz des Ultraschalls beim Ungeborenen und späterem Autismus fußt einzig und allein auf der Beobachtung, dass das Auftreten von Autismus in den vergangenen Jahrzehnten in etwa in gleichem Maße zugenommen hat, wie die Anzahl an Ultraschalluntersuchungen“, so Heiko Dudwiesus, Leiter des DEGUM-Arbeitskreises Ultraschallsysteme, in der Mitteilung der Gesellschaft.
Einige andere Forschergruppen widersprächen dieser These mittlerweile und wiesen darauf hin, dass sich im gleichen Zeitraum auch die Anzahl strahlungsintensiver Kommunikationsmittel – etwa durch den verstärkten Einsatz von mobilen Endgeräten – erhöht habe.
Zudem habe eine Studie anhand von 211 entwicklungsgestörten Kindern (davon 107 Autismus-Fälle) gezeigt, dass diese während der Schwangerschaft weder häufiger noch intensiver per Ultraschall untersucht worden waren als Kinder ohne Entwicklungsstörungen.
Keine Zellveränderungen hervorgerufen
Die aktuelle Studienlage gibt zudem keine Hinweise darauf, dass Ultraschallanwendungen in der Schwangerschaft Zellveränderungen oder Zellschädigungen beim Fötus hervorrufen können.
„Da Laborversuche gezeigt haben, dass durch Ultraschall erzeugte Gasbläschen nur durch Anreicherung des Blutes mit Fremdmaterial – etwa mit Kontrastmittel entstehen – dieses jedoch bei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft nicht zum Einsatz kommt, kann auch diese potenzielle Gefährdung ausgeschlossen werden“, wird Dudwiesus in der Mitteilung der DEGUM zitiert.
Aufgrund dieser zahlreichen Studienerkenntnisse weist die DEGUM die aktuelle Kritik an Ultraschalluntersuchungen per 3D-Verfahren in der Schwangerschaft vehement zurück.
„Man kann zwar dem sogenannten „Baby–Fernsehen“ zu kommerziellen Zwecken kritisch gegenüberstehen, da – unter anderem aufgrund von oft wenig qualifizierten Anwendern – sehr wohl die reale Gefahr besteht, tatsächliche Probleme des Feten nicht zu erkennen“, so Heling.
„Doch die Anwendung des Ultraschalls zu diagnostischen Zwecken befürworten wir uneingeschränkt.“ Die Aussage in der neuen Strahlenschutzverordnung, laut der eine Gefährdung des Feten durch Ultraschall entstehen könne, sei demnach falsch.
Wenn der Gesetzgeber das „Baby-Fernsehen“ verbieten wolle, müsse ein anderer Ansatz gewählt werden, betont die DEGUM in ihrer Mitteilung. (eb)
Quelle: ÄrzteZeitung.de